Gedanken zum Volkstrauertag 2024

 

Julius: Hallo. Sagt mal, warum sind wir nochmal genau heute hier?

Pepe: Hm, Frau Becker und Herr Hochhalter meinten es geht um den Volkstrauertag.

Laura: Ein Tag, an dem die Menschen in Deutschland den Opfern von Krieg, Gewalt, Flucht und Vertreibung gedenken.

Lena: Ja. Im Geschichtsunterricht haben wir erst vor Kurzem über den 1. Weltkrieg gesprochen. Der begann im Jahr 1914. In dem Jahr wurde Herr Hochhalters Großvater in Naurath/ Wald geboren. Das macht es für mich so greifbar. So nah. Obwohl das vor 110 Jahren war.
Auslöser damals war das Attentat von Sarajevo. Weit weg von uns. Aber die Auswirkungen waren schnell zu spüren. Denn wie Dominosteine waren in kürzester Zeit die europäischen Großmächte miteinander im Krieg. Besonders grausam verlief der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich. Verdun ist uns dafür heute noch ein mahnendes Beispiel. Das sinnlose Sterben in den Schützengräben… Die Bilanz eines Krieges, von dem alle später gesagt haben, sie hätten ihn nicht gewollt: 10 Millionen gefallene Soldaten und 7 Millionen getötete Zivilisten. Das entspricht ungefähr der heutigen Einwohnerzahl Nordrhein-Westfalens.

Julius: Das ist schrecklich. Und die Zahl der Verletzten hast du gar nicht erwähnt.

Laura: Noch viel schlimmer kam es nur wenige Jahre später. Als der 1. Weltkrieg 1918 beendet werden konnte, war für ein paar Jahre damit die Hoffnung auf den Frieden verbunden. Aber Hitler und die Nationalsozialisten haben Deutschland und die ganze Welt erneut in den Abgrund geführt. Der beispiellose Völkermord an den europäischen Juden…

Pepe: Dazu haben wir uns in der Schule eine bewegende Ausstellung angeschaut. Schicksale von Kindern und Jugendlichen aus unserer Region. Sie wurden von den Nationalsozialisten in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Dort entmenschlicht, entwürdigt und ermordet. Das geht mir noch so nach…

Laura: … der Überfall auf zahlreiche europäische Länder und deren Besatzung, die Verfolgung von Minderheiten wie den Sinti und Roma, von Menschen mit Behinderung und Homosexuellen, von politisch Andersdenkenden, von Priestern… mir wird ganz schlecht… Die Bilanz kann bis heute nur geschätzt werden: 65 Millionen Tote, Flucht, Vertreibung, Zerstörung, Leiden… weltweit.

Julius: Und trotz allem gab es nach diesen schrecklichen Erfahrungen wieder Hoffnung auf Frieden: Gründung der UNO, Aussöhnung mit Frankreich, Europäische Einigung, Mauerfall und Wiedervereinigung …

Pepe: Ja, aber nicht für alle Menschen, auch nicht in Europa. Von 1991 bis 1999 gab es die Kriege in Jugoslawien. Einem Land, das wir jungen Menschen gar nicht mehr kennen. Unsere Eltern erzählen von Urlauben an der Adriaküste. In Dubrovnik, Split oder Zadar.
Und dann plötzlich ist Krieg, Bürgerkrieg, Nachbarn, die sich gegenseitig umbringen, die belagerte Stadt Sarajevo, in der noch 1984 die Olympischen Winterspiele stattfanden, war nur 10 Jahre später die gefährlichste Stadt der Welt. Scharfschützen, die Jagd auf Menschen machten. Kriegsverbrechen wie in Srebrenica mitten in Europa. Dann 1999 der erste Kampfeinsatz deutscher Bundeswehrsoldaten im Kosovokrieg. Bomben auf Belgrad.
Bis heute brodelt der Konflikt in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo. Nationalistisches Streben verhindert eine Aussöhnung zwischen den Menschen und einen dauerhaften Frieden. Eine vorsichtige Bilanz, die niemand offiziell bestätigt: Mehr als 100.000 Tote und unzählige Vertriebene, Enteignete und Entrechtete.

Julius: Und heute? Ganz nah. Jeden Tag präsent: Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Seit 2014 die Krim annektiert wurde, befindet sich das Land faktisch im Krieg, der seit 2½ Jahren der ganzen Welt sein grausames Gesicht zeigt: Drohnen, Raketen und Bomben vorwiegend auf Zivilisten. Kämpfe um jeden Ort. David gegen Goliath.
Und die internationale Gemeinschaft, die UNO, die EU? Ohnmächtig schauen sie zu. Schaffen Waffen Frieden? Lindert Geld Leid? Die täglichen Nachrichten und Bilder werden alltäglich. Stumpfen ab.
Tausende, Zehntausende Opfer. Soldaten, Zivilisten, Frauen, Kinder. Kriegsverbrechen. Unerträglich. Ohne Worte.

Lena: Was können wir tun? Wir Schüler? Heute?

Julius: Ich bin Schülersprecher der Erbeskopf Realschule plus in Thalfang. Mir ist es wichtig, dass Schüler ihre Grundrechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit kennen und lernen, damit umzugehen. Dafür stehe ich.

Laura: Ich bin Mitglied der Schülervertretung. Ich setze mich aktiv für die Rechte aller Schüler ein. Ein gutes Miteinander ist mir wichtig. Dafür stehe ich.

Pepe: Mir ist es nicht egal, wenn Schimpfwörter wie Schwuler, Behinderter oder Jude normal werden. Ich schreite ein, wenn ich so etwas höre und sage Stopp. Dafür stehe ich.

Lena: Ich verfolge die aktuelle politische Entwicklung auf der Welt kritisch und versuche, Fake News aufzudecken und deren Weiterverbreitung unter den Schülern an unserer Schule zu verhindern. Ich mische mich ein, sage meine Meinung. Meine demokratische, weltoffene Grundhaltung soll anderen ein Beispiel geben. Dafür stehe ich.

Alle: Dafür stehen wir. Denn:

Nie wieder ist jetzt.